Sehr geehrte Besucherin, sehr geehrter Besucher,
Wir begrüßen Sie recht herzlich in der St.-Nikolaus-Kirche zu Nedlitz und freuen uns über Ihr Interesse an dem historischen Bauwerk mit seiner besonderen Legende. Die nachfolgenden Zeilen sollen Ihnen Hinweise und Anregungen zum Verweilen innerhalb und außerhalb der Kirche geben:
Die Geschichte der Pfarrkirche Nedlitz ist bisher nicht eindeutig nachvollziehbar. Wahrscheinlich ist sie der älteste romanische Bruchsteinbau östlich der Elbe, der vom Erzstift Magdeburg veranlaßt und mit dessen Bau Anfang des 12. Jahrhunderts begonnen wurde. Architektonisch ist sie eingebettet in den Dorfplatz, um den sich in noch erkennbarer wendischer Bauweise die Grundstücke anordnen.
Die Namensgebung der Kirche geht zurück auf den Heiligen Nikolaus, der als Bischof von Myra in Lykien, einer Landschaft im Südwesten Kleinasiens um 270 bis 342 lebte. Um seine Gestalt ranken sich zahlreiche Legenden, so soll er z.B. drei fahrende Scholaren zum Leben erweckt haben, die auf ihrer Reise von einem Wirt ermordet und in einem Faß eingepökelt worden waren. Im Brauchtum wurde Nikolaus dadurch zum Patron der Kinder und Schüler, aber auch der Seefahrer, weil er der Mannschaft eines in Seenot geratenen Schiffes erschienen und dieses gerettet haben soll. Um das Jahr 1087 erfolgte eine Translation der Gebeine des Heiligen Nikolaus von Myra nach Bari, der Hauptstadt der italienischen Provinz Apulien. Seine Verehrung verbreitete sich daraufhin rasch auch über Mitteleuropa. Ein Beweis dafür ist die Gründung des Kollegialstiftes St. Nikolai im Jahre 1108 in unmittelbarer Nähe des Magdeburger Domes. Es war somit auch naheliegend, die Nedlitzer Kirche dem Heiligen St. Nikolaus zu widmen.
Die St.-Nikolaus-Kirche wurde von Prämonstratensern gebaut, vermutlich weil sie einen relativ gesicherten Ort einerseits für die Pfarrtätigkeit und andererseits für die Missionsarbeit im ansonsten noch mehrheitlich nichtchristlichen Umland darstellte. Ziel war es, den christlichen Glauben unter der wendischen Bevölkerung östlich der Elbe zu verbreiten.
Als ein Ausdruck dafür wird die Aufstellung des großen Taufsteines im Inneren der Nedlitzer Kirche noch vor dem Jahre 1200 angesehen. Das fast halbkugelige steinerne Becken läuft in einen zwölfeckigen Rand aus, unter dem sich ein von Skulpturen getragener romanischer Palmettenfries befindet. Das Taufbecken wurde ursprünglich von vier Steinfiguren, den Evangelisten, getragen, wie aus der Fundamentplatte ersichtlich ist. Die drei vorhandenen Figuren lassen eine genaue Deutung nicht zu. Zu erkennen sind ein Mensch, ein Widder und ein Löwe.
Die St.-Nikolaus-Kirche in Nedlitz stellt sich als ein ungeputzter romanischer Bruchsteinbau dar, der aus einem rechteckigen Schiff, einem eingezogenen, quadratischen Chor, einer halbkreisförmigen gewölbten Apsis und einem hervorspringenden Westturm besteht. Ein imposanter Triumphbogen, der in einen Giebel zwischen Schiff und Chor einmündet, trennt und verbindet Schiff und Chor.
Der übergreifende Westquerturm hat ein zwischen den Giebeln eingehängtes Satteldach. Er wurde wahrscheinlich nachträglich an die Kirche angebaut, wobei die Westgiebelwand der Kirche vollständig abgetragen wurde. Außer den senkrechten Fugenkanten an der Nord- und Südaußenmauer der Kirche gibt es keinen Hinweis auf eine frühere Giebelwand. Das Untergeschoß des Turmes ist mit einem flachen Kreuzgradgewölbe geschlossen. Dieses Gewölbe war ursprünglich zum Kirchenschiff hin mit zwei Rundbögen offen. Dort liegen jetzt die "Nedlitzer Mumien".
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde der Innenraum der Nedlitzer Pfarrkirche stark beschädigt. Die Kirche war vollständig ausgebrannt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erfolgte seine gründliche Erneuerung. Heute noch sichtbarer Ausdruck dafür sind die flachen Holzbalkendecken von Schiff und Chorquadrat, die hölzerne West- und Nordempore und die im Jahre 1664 gestiftete Holzkanzel. Diese steht auf einer hölzernen toskanischen Säule. Der Kanzelkorb ist geschmückt mit Bildern der vier Evangelisten sowie dem Stifterwappen der Familie von Dorstedt.
Nennenswert sind noch die Taufschüssel aus Messing (1698) und die zwei Turmglocken (1757 und 1776) - ergänzt durch eine dritte Glocke 2014.
Das Untergeschoß des Turmes wurde im Jahre 1720 als Grabgewölbe eingerichtet, in dem man bis 1830 sieben Särge einstellte. Darunter befinden sich der Sarg des 1720 verstorbenen Robert Christian v. Hake, dessen Wandepitaph mit Büste des Verstorbenen im Chor steht. Von ihm und Frau Juliane Pforte (+1753) sind besonders die vollständig erhaltenen und kostbar bekleideten mumifizierten Leichname bemerkenswert. Frau Pforte ist die Ehefrau des Amtmanns Johann Pforte (+1740), der ebenfalls in der Sarglage beigesetzt ist. Auf dem Bild ist der mumifizierte Leichnam von Frau Pforte vor der Renovierung zu sehen. Später stellte sich heraus, dass Frau Pforte ein Mann ist. Aber erfahren Sie mehr, wenn Sie das Grabgewölbe, das 2012 in Verantwortung des Fördervereins restauriert wude, besuchen. Auch die Mumien von Frau Pforte und Herrn von Hake - die "Nedlitzer Mumien" - wurden restauriert und können verbunden mit einer kleinen Ausstellung über die Begräbniskultur in Nedlitz besichtigt werden.
Bei dem Alter der Kirche und infolge mangelnder Pflege bsonders während der DDR-Zeit zehrte der Zahn der Zeit erheblich an ihrer Substanz. Die Folge waren tiefe Risse im Mauerwerk des Turmes, vermutlich durch Drainagearbeiten vor 100 Jahren sowie morsche Dachstühle, zerstörte Ziegel und Scheiben. Das linke Bild zeigt den Zustand der Kirche im Jahre 1990. Die Restaurierung des Gebäudes erfolgte in Verantwortung des Fördervereins St. Nikolaus-Kirche Nedlitz, unterstützt von einer immer enger zusammenwachsenden Gemeinschaft der Bürger der Gemeinde Nedlitz. Zunächst wurde in den Jahren 1992/1994 der Turm und im Jahre 1996 das Kirchendach restauriert. Am Nikolaustag des Jahres 1994 wurde der restaurierte Turm eingeweiht und am Heiligen Abend 1996 konnte nach 28 Jahren erstmals wieder ein Gottesdienst in der Kirche durchgeführt werden. Dies waren zwei glückliche Augenblicke im Leben der Dorfgemeinde.
Liebe Besucherin, lieber Besucher, bei Ihrem Rundgang durch die Kirche finden Sie auch eine kleine Ausstellung von Fotografien, die Ihnen etwas über den Zustand des Gebäudes vor und nach der Renovierung, über besonders interessante bauliche Details und über die vielfältigen gemeinschaftlichen Aktivitäten der Bürger der Gemeinde Nedlitz zur Erhaltung und Pflege ihrer Kirche erzählen. Sicher wird Ihnen nicht entgangen sein, dass es trotz aller Bemühungen des gemeinnützigen Fördervereins noch genügend zu tun gibt. Trotz der bisherigen Sanierung gefördert durch Spenden der Deutschen Stiftung Denkmalschutzes, des Landes Sachsen-Anhalt, des Amts für Landwirtschaft und Flurerneuerung Stendal, der Lotto-Toto-Gesellschaft, Leader und vielen weiteren Sponsoren wird weiter Geld benötigt. Restauriert werden muss dringend ein wertvolles Leinwandgemälde, das das Kirchenschiff schmückt. Überweisungen sind auf das Konto 610003119, BLZ 81054000 bei der Sparkasse Jerichower Land möglich. Auf Wunsch wird Ihnen eine Spendenbescheinigung ausgehändigt oder zugestellt. Viele weitere Informationen zur Kirche Nedlitz finden Sie auf der Web-Seite des Fördervereins www.kirche-nedlitz.de. Besuchen Sie uns. Es lohnt sich.
Dr. Peter Weber
Vorsitzender des Födervereins St. Nicolaus-Kirche Nedlitz
März 2018