Im Zusammenhang mit der Restaurierung der mumifizierten Körper stand zugleich die Frage, welches Wissen und welche Motivation die Menschen im Mittelalter hatten, bewusst Körper für die Nachwelt zu erhalten.
Auskunft dazu gibt ein Artikel aus einem Buch von 1619, der dem Förderverein freundlicherweise von Frau Restauratorin Maria Meusling aus Prezien übergeben wurde. Der Artikel trägt die Überschrift "Kunst und Unterweisung, wie man die verstorbenen Leichnam und toten Körper einwürzen und balsamieren soll". Der vollständige Text steht als Download (Buchtitel, Seite 1, Seite 2, Seite 3) für den interessierten Leser zur Verfügung.
Der Buchtitel lautet:
Ein neues Arzneibuch/ darinnen fast alle Glieder menschlichen Leibes, samt ihren Krankheiten und Gebrechen/ von dem Haupte an/ bis zu den Fuß-Sohlen/ begriffen/ und wie man dieselben durch Gottes Hilfe und seiner dazu geschaffenen Mittel auf mancherlei Weise wenden und kurieren soll.
In acht auserlesenen Bücher abgeteilt.
Erstlich durch den ehrenwerten Herrn Christophorus Wirsung mit sonderm Fleiß aus den berühmtesten Ärzten sowohl der neuen als der alten geschriebenen Bücher ...
Es folgen einige Passagen und Erläuterungen aus dem Inhalt:
... Denn auf der ganzen weiten Welt kein so wild und barbarisch Volk zu finden ist, das sich nicht etwa der Ihrigen verstorbenen Körper nicht allein zu begraben sondern auch auf diese oder jene Weise zu balsamieren beflisse: Sintemal auch die Skythen, welche doch sonst als die allerwildesten unmenschlichsten Leute gehalten werden - wie Herodes bezeugte - ihren König aber nicht begraben. Sie haben ihn denn zuvor entweidet, inwendig mit gestoßenen Zypressen, Weihrauch, Petersilien und Enis-Samen versehen, und außerhalb mit Wachs bestrichen oder geschmieret. Die Mohren überzogen vor Zeiten ihrer guten Freunde und nächsten Verwandten Leiber - nachdem sie zuvor das Eingeweid, Gedärm und Fleisch aus ihnen herausgenommen - mit Gips. Strichen nochmals den selben Überzug sobald er hart und trocken geworden mit einer lebendigen Farbe fein an also dass sie den Verstorbenen so viel wie möglich gleich sahen. Und legten sie endlich also geziehret in einen gläsernen Kasten damit man sie durch das Glas sehen kann und gleichwohl der böse Geruch nicht heraus käme, noch jemenden verdrießen möge. ...
Es folgt eine ausführliche Beschreibung, wie die Agypter ihre Toten balsamierten und schließlich der Hinweis:
... Welches denn auch die Deutschen und die Franzosen von ihnen lernten, dass sie es nämlich nunmehr auch mit den Ihrigen, vornehmlich aber mit den Königen und anderen großen Herren vorzunehmen pflegten.....
Danach wird ausführlich berichtet, wie die Einbalsamierung zur Zeit des Verfassers des Buches vorgenommen wird - auch mit Notfall-Tips, wie zu verfahren ist, wenn die Behandlung nicht den gewünschten Erfolg bringt und der Geruch nicht nachlässt. Als Beispiel für den Versuch der Balsamierung dient auch eine Mensch, den der Verfasser "frisch von dem Galgen herabnehmen lassen".
Der Artikel schließt mit dem Vers
Dem Unverdrossenem ist kein Ding zu schwer - der Fleiß macht alles gering.